Jedes Jahr, Ende Juni/Anfang Juli, ist es wieder soweit: Shimizu Sensei kommt nach Europa und gibt in Deutschland zwei, jeweils einwöchige, Lehrgänge, auf dem Herzogenhorn im Schwarzwald. Dort, auf fast 1400m Höhe befindet sich ein Leistungszentrum des Badischen Skiverbandes in dem im Sommer Fußballer, Hammerwerfer und Budokas trainieren. Sensei kommt bereits seit über 30 Jahren in die Abgeschiedenheit des Hochschwarzwalds und so machten sich auch 3 vollbesetzte Autos aus Hamburg auf den 800km langen Weg durch (fast) ganz Deutschland – aus Harburg fuhren Björn, Niels, Sebastian und ich.
Da wir Harburger in dieser Besetzung bereits im letzten Jahr das „Horn“ besucht hatten, waren das Packen und die Vorbereitungen ein Selbstgänger… und nachdem wir kurz vor Hannover noch einen Zwischenstopp wegen eines fast verlorenen Vorderreifens machen mussten, verlief der Rest der Fahrt dann auch ruhig und ziemlich entspannt.
Bei der Ankunft gab es erstmal ein großes Wiedersehen mit alten Freunden, bei Teilnehmern aus Deutschland, Serbien, Dänemark und den Niederlanden sieht man sich eben manchmal nur hier, hoch oben auf dem Berg. Am Montag begann das Training: Jeden Morgen von 10 bis 11:30 Uhr und jeden Nachmittag von 16 bis 17:30 Uhr. Der Mittwoch Nachmittag war frei, dafür gab es jeweils Dienstag und Donnerstag ein Frühtraining von 06:30 bis 07:15 Uhr mit Waka Sensei Shimizu Kenta.
Eine Woche Training, das gemeinsame Wohnen und Essen, machen das Horn immer zu etwas ganz Besonderem: Die Abgeschiedenheit (fast sogar die Einsamkeit) des Trainingsortes fördert die volle Konzentration auf das Aikido und man hat Gelegenheit vom Alltag abzuschalten, in sich zu gehen und viel mehr aufzunehmen, als wenn man einfach nur „jeden Abend zum Training geht“. Durch die vielen hochgraduierten Partner hat das Training ein sehr hohes technisches Niveau und so wird man ständig körperlich und geistig gefordert.
Das Training verlief sehr harmonisch und diszipliniert – während Sensei bei seinen Rundgängen um die Matte immer alles im Blick hatte, stieg sein Sohn in so manche Trainingsgruppe mit ein und verdeutlichte den Leuten mit seinem tollen Ukemi das, was sein Vater uns vorher gezeigt hatte. So hatte jeder Teilnehmer die Gelegenheit an seiner Technik zu feilen und wenn etwas garnicht klappte so griff einer der beiden helfend ein. Zwischen den Übungen, vor allem, damit die Teilnehmer auch mal wieder zu Luft kommen konnten, erzählte Shimizu Sensei oft ein wenig mehr über das Aikido (oder Budo allgemein) und von Zeit zu Zeit gab es auch einige Geschichten aus seiner Zeit als Uchi-Deshi bei O’Sensei. Hierbei haben wir alle immer von der guten Übersetzung Birgits profitiert, ohne deren Hilfe gerade die Geschichten sicherlich sehr schwierig geworden wären…
Trainiert wurden vor allem Würfe und Hebeltechniken, am Donnerstag gab es dann aber auch eine Einheit mit Jo und eine mit Bokken. Hier wurde Shimizu Sensei nicht müde immer wieder darauf hinzuweisen, dass die Waffen vor allem als Hilfsmittel zu sehen sind – wir trainieren Aiki-Jo oder Aiki-Ken, also Aikido mit der jeweiligen Waffe, und nicht etwa Jodo oder Kendo. Das Waffentraining solle nicht zum Selbstzweck werden, es dient zum besseren Verständnis der Techniken. So verging die Woche wie im Fluge und ehe wir uns versahen, war es schon Freitag und die Woche war zu Ende… körperlich deutlich am Ende ihrer Kräfte erkannte man an der Haltung vieler deutlich den Fortschritt innerhalb der Woche, sie waren geistig wacher aber zugleich entspannt.
Die ganze Woche über zeigte sich das Wetter von der besten Seite: Während der Rest von Deutschland unter Unwettern litt und bei Temperaturen von zum Teil über 30°C schwitzte, war es auf dem Horn bei 20 bis 25°C und kühler Bergluft sehr angenehm. Morgens war der Berg oft noch in dichten Nebel gehüllt, aber nach dem Vormittagstraining ludt die Terrasse zum Sonnenbaden ein. Jeden Abend gab es dann für uns den obligatorischen Aufstieg zum Gipfel, auch wenn dieser von Tag zu Tag höher erschien… und am trainingsfreien Mittwochnachmittag ging es zur Krunkelbachhütte – wie gut dem Körper doch so eine kleine Pause tut!
Traditionell spricht Shimizu Sensei zum Abschluss (fast) jeden Lehrgangs Graduierungen aus: In diesem Jahr bekam unser Trainer Björn Ole Pfannkuche seinen Sandan (3. Dan) – an dieser Stelle noch einmal herzlichen Glückwunsch!
Ich freue mich jetzt schon auf das Horn im nächsten Jahr!
Robert