In der Woche vom 15.1. bis 19.1.2018 fand im Aikido-Dojo Seishinkan, unserem befreundeten Verein in Eilbek, ein Frühtraining statt. Es ist bereits seit einigen Jahren Tradition, dass im Januar eine Woche lang jeden Morgen von 7 bis 8 Uhr trainiert wird, ganz nach der japanischen Tradition des Kangeiko. Dieser Begriff bedeutet soviel wie „kaltes Training“ oder „Wintertraining“.
Da ich am 1.12.2017 in den beruflichen Ruhestand gegangen war, hatte ich nun erstmals die Möglichkeit, an diesem Training teilzunehmen. Mein eigener Vorsatz im Kopf war: mindestens zweimal dabei zu sein.
Es kostete am 15.1. dann auch einige Überwindung, gegen 5.40 Uhr aus den Federn zu kommen; ich war es nicht mehr gewohnt, so früh aufzustehen. Mit dem Auto ging es die 20 km nach Eilbek.
Dort angekommen stand ich mit über 20 weiteren Aikidoka auf der Matte, und ich war durchaus erstaunt, dass so viele Sportsfreunde zu dieser unwirtlichen Zeit im Dojo erschienen waren. Es waren sogar Aikidoka aus Italien und Dänemark angereist.
Gérard eröffnete die Woche und führte uns an diesem Montag durch das Training. Es ging zügig zur Sache und wir wurden gut warm. In dieser Stunde ging es um die Aufnahme des Angriffs mit Hilfe einer rückwärtigen Drehbewegung (Tenkan) und verschiedenen anschließenden Techniken. Kaum hatten wir einige Male mit verschiedenen Partnern trainiert, da war die Trainingsstunde auch schon vorbei.
Im Anschluss konnte, wer Zeit und Lust hatte, an einem gemeinsamen Frühstück teilnehmen. Da viele Teilnehmer aber zur Arbeit mussten, reduzierte sich die Zahl deutlich. Alle verbliebenen Hände packten ausnahmslos mit an, wie übrigens auch an allen anderen Tagen, und schnell war der Tisch im Dojo aufgebaut und auch reichhaltig gedeckt. In einer sehr schönen Atmosphäre wurde gefrühstückt und Small-talk geführt.
Am Dienstag, dem Tag mit den meisten Teilnehmern, führte Gaëlle durch das Training. Als ich dann nach dem gemeinsamen Frühstück am späten Vormittag wieder zu Hause war, war ich doch ein wenig geschafft. Zum Glück bin ich ja im Ruhestand und so kann ich auch mal am helllichten Tage durchaus die Couch benutzen.
Dabei kamen dann irgendwann die Gedanken: Wie geht es mit dieser Woche nun weiter? Eigentlich hatte ich meinen Vorsatz zweimal teilzunehmen ja schon erreicht und mein innerer Schweinehund, nenne ich ihn mal Willi, war gerade dabei zu agitieren. Willi meinte, ich wäre ja mit 63 auch nicht mehr der jüngste und sollte es nun gut sein lassen…
Andererseits dachte ich natürlich an meine Sportskameraden. Am Mittwoch sollte Björn das Training geben, und da müsste ich doch eigentlich gerade die Harburger um Robert, Andreas und Dorothea verstärken. So habe ich es dann auch gehalten und Willi einfach ignoriert.
Nun, mit dem Mittwoch war die Halbzeit der Woche erreicht bzw. schon überschritten und jetzt war durchaus ausreichend Ehrgeiz vorhanden, die beiden verbleibenden Tage auch zu schaffen. So stand ich auch am Donnerstag und Freitag wieder um 7.00 Uhr mit den anderen auf der Matte.
Am Donnerstag wurde das Training von Eckhardt geleitet. Während seiner Stunde wies er nochmal auf die Wichtigkeit einer guten Basis für jeden Aikidoka hin. An einer der wichtigsten Basiselemente, dem Tai-sabaki, erläuterte er die korrekte Stellung bzw. Bewegung der Hüfte und der Füße.
Am Freitag wurde das Training noch einmal von Gérard geleitet, und den Abschluss dieser gleichsam schönen wie anstrengenden Kangeiko Woche bildete das gemeinsame Frühstück.
Das Frühstraining war geschafft, die Woche aber noch nicht beendet: Für den Samstag stand noch das Kagamibiraki an, bei dem auch die Kinder teilnahmen. Um 18.00 Uhr ging es los: Matthias begrüßte die zahlreich erschienenen Aktiven und die Zuschauer, Eltern, Geschwister, Partner, Freunde.
Eckhard, der Dojoleiter, übernahm jetzt die weitere Führung und es sollte durchaus interessant und abwechslungsreich weiter gehen. Es wurden Techniken vorgeführt, die dann teilweise auch kurz von allen Akidoka geübt wurden und Eckhardt erläuterte, was es mit dem Kagamibiraki auf sich hat. (Eine Frage, welche insbesondere von Besuchern immer wieder gestellt wurde.)
Die Bedeutung des Kagamibiraki liegt im Neubeginn, hier dem Trainingsbeginn im neuen Jahr. Mit frischem Geist soll das Training wieder aufgenommen werden, und der Geist des Anfängers soll bewahrt bleiben. Die Zeremonie beruht auf einer alten japanischen Tradition, wo neben Speisen auch reichlich Sake mit im Spiel ist. Wörtlich bedeutet Kagamibiraki: den Spiegel zerbrechen.
Nach dem Öffnen des Sakefasses blickt der Betrachter auf die Oberfläche des Sake und sieht sein Ebenbild, wie in einem Spiegel. Durch das Eintauchen des hölzernen Schöpflöffels wird die Oberfläche und somit der Spiegel zerstört, um sich kurz darauf wieder zu bilden. Dieses symbolisiert den Beginn von etwas Neuem.
Nach dieser Erklärung folgten noch weitere Vorführungen von den Kindern und anschließend die Ehrungen und Graduierungen.
Der aktive Teil der langen Woche ging nun langsam zu Ende, und nachdem alle aktiven Aikidoka umgezogen waren, wurden das Buffet und Tische im Dojo aufgebaut – es sollte zum gemütlichen Teil übergehen.
Entsprechend der vorab beschriebenen Tradition des Kagamibiraki trugen einige Aikidoka gemeinsam das Sakefass in das Dojo. Und ich war der Harburger Vertreter bei dieser Aufgabe. Björn war in diesem Jahr der Auserwählte, der den Deckel des Sakefasses zerschlagen und sein Sakeschälchen füllen durfte. Nach ihm folgten dann alle anderen der Tradition und „brachen den Spiegel“. Nachdem Björn noch einige Wortes des Dankes gesprochen hatte, wurde angestoßen und der Sake traditionsgemäß aus viereckigen Lackkästchen getrunken.
Danach wurde das Buffet von Eckhardt eröffnet und alle haben kräftig zugegriffen.
Zusammenfassend kann ich nur sagen: Es waren ein sehr schöner Abend und auch eine sehr schöne Woche. Vielen herzlichen Dank den Trainern und Organisatoren!
Wilfried Rummelhagen
Anmerkung von Björn: Selbstverständlich hat Wilfried trotz der Teilnahme am Frühtraining auch ausnahmlos alle abendlichen Trainingseinheiten besucht – Hut ab!