Die Kangeikowoche startete 2019 in der zweiten Woche des Jahres. Das bedeutete, dass eine ganze Woche lang, morgens zwischen 7.00 und 8.00 Uhr, im Aikido Dojo Seishinkan in Hamburg Wandsbek ein Tendoryu Aikido Früh-Training stattfand. Traditionell endet diese Woche dann mit dem Kagamibiraki am Samstagabend. In diesem Jahr unterrichtete uns Milan Velickovic (4. DAN Tendoryu) aus Novi Sad, Serbien jeden Morgen.
Vor 2 Jahren hatte ich schon einmal Gelegenheit an der Frühtrainingswoche teilzunehmen. Im letzten Jahr ging es nur an wenigen Tagen und in diesem Jahr wäre ich eigentlich gar nicht „dran“ gewesen und daher war ich innerlich gar nicht so recht darauf eingestellt. Aber das änderte sich schnell und ich organisierte meine Woche neu.
Jeder kennt das: Früh morgens muss am besten immer alles gleich verlaufen, und sollte durch einen unglücklichen Zufall die Zahnbürste nicht am Platz oder die Milchtüte leer sein, fängt der Tag nicht gut an. Das Einstellen auf kleine Änderungen im Ablauf erscheint als Herausforderung, wenn nicht sogar als Zumutung.
Und genau um diese Einstellung geht es.
Ich möchte trainieren, ich möchte aufmerksam sein, ich bin bereit mich auf Hinweise von Lehrer und Partner einzulassen und meine Bewegung, Haltung, Timing zu überprüfen und zu verändern. Das ist mehr ein Geschenk als eine Herausforderung.
Morgens im Seishinkan anzukommen, in eine sehr ruhige und freundliche Atmosphäre, die noch nicht aufgeladen ist von den Befindlichkeiten der Trainierenden durch ihre Erlebnisse des Tages, war sehr angenehm.
An einem Morgen sagte Milan, „Light the fire inside yourself“, als Aufforderung, wach und energetisch zu trainieren, nicht „dem üblichen Trott“ zu folgen und die Energie wachsen zu lassen.
Im Laufe jedes Morgentrainings gab es eine „Zündphase“, eine Art Ankommen für mich, und dann war es eine große Freude Aikido zu trainieren und nichts anderes zu tun. Grinsend, mit dem Gefühl, das hat Spaß gemacht, mir was zum Nachdenken gegeben und mich bereichert, bin ich danach zur Arbeit gestartet und mit den Gedanken mir wieder ein bisschen vorausgeeilt.
Ich erwähne diese Phasen ganz bewusst, am Morgen kommt man mental an, während man beim Abendtraining eher mental zurückkommt zum Training. Wenn es gelingt, sich aufs Training einzulassen und die morgendliche Müdigkeit oder die vorauseilende Tageshektik abstreift, befindet man sich im Jetzt. Bildlich gesehen, ist das der scharfe Bereich, der Fokus, während eine Unschärfe durch Überlagerungen vom Tag oder von der Nacht entsteht.
Ich habe jeden Morgen etwas Neues gelernt und entdeckt und freue mich, dass das auch so weitergeht.
Vielen Dank an die netten Trainingspartner. Vielen Dank an Milan, dessen Unterricht ich sehr genossen habe.
Am Samstag endete die Woche mit dem Kagamibiraki, dem Neujahrsfest. Es versinnbildlicht durch Zerbrechen des Spiegelbildes (bei der Feier die Oberfläche des Sake in einem Fass) einen Neuanfang. Es wurde mit vielen Gästen, vielen angereisten Aikidoka aus anderen Dojos, einem tollen Buffet und netten Gesprächen gefeiert. Vielen Dank für den schönen Abend an Eckhardt und alle, die diese Feier organisiert und ausgerichtet haben.
Dorothea Metz