„Mir fehlt das Training!“ Diesen Satz habe ich in letzter Zeit öfter gehört; dicht gefolgt von der Äußerung der Hoffnung einer baldigen Trainingsmöglichkeit.
Mir geht es genauso, keine Frage. Allerdings habe ich dabei immer eine kleine Stimme in meinem Ohr, die mir ein paar Fragen stellt: Bist Du eigentlich fit genug? Zweimal geworfen und Du liegst platt auf der Matte. Hast Du genug getan, um wenigstens einigermaßen beweglich zu sein, oder bist Du steif wie ein Brett? Überlebst Du das Aufwärmen oder blamierst Du Dich? Weiß Du eigentlich noch… ?
Dann ist da noch die eigene Faulheit, kultiviert und ausgeprägt, angefüllt mit allen möglichen Ausreden und einem reichhaltigen Angebot die Zeit anderweitig zu nutzen. Werde ich Montags und Freitags wieder auf der Matte stehen, oder…
Auch ohne Pandemie fällt es jedem von uns manchmal schwer zum Training zu gehen. Gründe gibt es immer, gute Gründe selten. Und nach so langer Zeit? Muss ich mich zwingen? Fällt es mir dann schwer? Kauf ich mir besser schon mal eine Salbe oder die wunderwirksamen Magnesiumkapseln?
Das etwas fehlt, merkt man erst wenn es weg ist. Stimmt. Kann man auch merken was geblieben ist? Wieviel Gelassenheit kann ich noch aufbringen? Wieviel Aufmerksamkeit zeige ich im Alltag? Gehe ich wieder wie eine Schildkröte, oder übe ich den aufrechten Gang beziehungsweise das Geradesitzen im Büro? Ein bisschen Selbstkontrolle und Aikido im Alltag sind doch obligatorisch, oder? Machen wir doch alle, richtig?
Das Aikidotraining ist tatsächlich ein Geschenk, das vielleicht nicht immer so gewürdigt wurde, wie es eigentlich hätte sein sollen. Ernsthaftigkeit, Hingabe und Bereitschaft zum Lernen, die nötige Achtung und Aufmerksamkeit, der Respekt dem Lehrenden gegenüber, egal wer es ist. Die Liste ist lang.
Das Training vermisse ich, aber ich vermisse nicht nur die Techniken oder die bloße Bewegung, sondern vor allem das Lernen. Ja, sogar die ständigen Ermahnungen des Lehrers*.
Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass der Grund warum ich überhaupt diesen Weg gewählt habe nicht verschwunden ist. Im Gegenteil, er ist noch immer präsent und ich habe eher das Gefühl einiges aufholen zu wollen beziehungsweise in Zukunft anders zu machen: nämlich richtig. Dazu muss ich nicht täglich 50 Liegestütze machen oder 100kg an Gewichten stemmen. Und was richtig oder weniger gut ist, wird mir mein Lehrer schon zeigen, ihr könnt es euch denken. Aikido ist ein Geschenk; die Lehrer sind es auch. Danke also an diejenigen, die sich auch jetzt noch um uns bemühen.
Absicht ist das zielgerichtete Wissen und Wollen um das Erreichen eines Ergebnisses.
Ich für meinen Teil habe die Absicht wieder zum Training zu gehen und mich über jede Korrektur oder Ermahnung zu freuen, um das Ziel zu erreichen.
Die Freude auf einen Neuanfang überwiegt, so einfach ist das.
* Und davon wird es genügend geben, keine Sorge.