Vom 8.-10. Mai 2015 fand das nunmehr 12. Tendoryu-Aikido-Gasshuku auf dem Gelände der Hamburger Sportjugend statt.
Das jährliche Seminar der Aikidoabteilung der Turnerschaft Harburg hat mittlerweile eine gewisse Tradition und so wundert es nicht, dass das gesamte Wochenende dank der Organisation von Björn Ole Pfannkuche und Robert Patzwald sehr rund und professionell ablief, obwohl die Zahl der Teilnehmer mit insgesamt 23 so hoch war wie noch nie.
Aufnehmen und Weiterführen
Ganz im Sinne eines „Gasshuku“ (合宿) wurden nach der Ankunft erst einmal die Matten aufgebaut, sorgfältig gereinigt und die Halle hergerichtet. Nach dem Abendessen gab es dann die erste
Trainingseinheit. Björn Ole gab die Richtung und das Motto für das Wochenende vor: „Aufnehmen und Weiterführen“. Das mag selbstverständlich klingen — ist es aber nicht. Das sollten wir im Laufe des Wochenendes immer wieder erfahren. Uke muss bis zum Ende der Technik präsent bleiben, während Nage seine Technik auch wirklich zu Ende führen muss.
Nach der ersten Trainingseinheit war es gegen 21:30h Zeit, zum gemütlichen Teil überzugehen. Viele Teilnehmer kannten sich bereits von anderen Seminaren und nutzen die Gelegenheit, Erinnerungen und Erfahrungen auszutauschen. Überhaupt war das Wochenende eine ausgezeichnete Gelegenheit, Kontakte pflegen und aufzufrischen. Kein Wunder, dass es gerade an diesem Abend etwas später wurde…
Trotz der für einige Leute recht kurzen Nacht fanden sich nach dem Frühstück alle Teilnehmer gutgelaunt und erfrischt wieder auf der Matte ein. Der Samstag war ein besonderer Tag. Das am Abend vorher eingeführte Thema wurde in vier Einheiten von vier verschiedenen Trainern „aufgenommen und weitergeführt“. Hierbei zeigte sich deutlich, wie eng die Ausgestaltung des Trainings auch mit der Persönlichkeit des Trainers verknüpft ist.
Aikido ist keine Monokultur
Inga Knickrehm (Harburg), Niels Kummerfeldt (Harburg), Steffen Ravn Mortensen (Fredericia/DK) und Jörg Wellpott (Wilhelmshaven) zeigten Techniken und Aspekte des Tendoryu Aikido, die ihnen besonders am Herzen lagen. Ein Highlight, besonders für die Kids, waren sicherlich die „5 Apes of Aikido“ von Stef sowie seine Beispiele zum Thema „den Fokus behalten“.
Gut, dass wir nach dem Mittagessen 2 Stunden Pause eingeplant hatten. So konnte man die Zeit nutzen, um etwas Schlaf nachzuholen, einen Spaziergang am nahegelegenen Strand zu machen, oder die am
Vormittag gelernten Dinge noch etwas sacken zu lassen und dann mit neuem Schwung die beiden Nachmittagseinheiten mitzumachen.
Gerade an diesem Tag zeigte sich, wie vielfältig Tendoryu Aikido sein kann. Von den Teilnehmern war Aufmerksamkeit gefragt und die Fähigkeit, sich auf Neues einzulassen. Erst wenn man seine Komfortzone verlässt, kann man sich weiter entwickeln. Nur, wenn man eine Technik von ganzem Herzen ausführt und wirklich von Anfang bis Ende dabei bleibt, kann man sie mit Leben füllen. Dabei sollte die Aufmerksamkeit auf den Moment gerichtet bleiben (mir passiert es auch immer wieder, dass ich mich von
irgendetwas ablenken lasse, oder bereits an den nächsten Schritt „denke“…).
In der Gegenwart bleiben
Das schätze ich beim Aikido besonders: Hier kann ich üben, wirklich nur „in der Gegenwart“ zu sein und tatsächlich nur eine Sache zu tun — mit Kopf und Herz. Erstaunlich sind dann die Momente, in denen eine Technik quasi von selbst passiert, ohne bewusstes oder gewolltes Eingreifen oder Steuern. Dann wird Aikido plötzlich „leicht“ (im Sinne von Gewicht, nicht im Sinne von Schwierigkeit) und lebendig.
Am Samstagabend wird traditionell gegrillt, so auch in diesem Jahr. Trotz Temperaturen, die dem April sicher zur Ehre gereicht hätten und ein paar Regentropfen, machten wir es uns rund um den Grill und später noch am Lagerfeuer bequem. Gitarren wurden ausgepackt und einige Teilnehmer gaben Lieder zum Besten. Einige hatten sogar ein extra für Schönhagen vorbereitetes Liederbuch dabei. Leider trieb eine heftige Schauerbö uns gegen 23:30h wieder nach drinnen, wo wir eine halbe Stunde später noch etwas zu feiern hatten. Niels und Carsten (10) hatten Geburtstag. So konnten wir den Abend bei Torte und verschiedenen Getränken ausklingen lassen. So spät wie am Abend vorher wurde es allerdings nicht.
Nach einer weiteren Nacht im Doppelstockbett, die ich trotz eines massiven Schnarchborduns (dank Ohropax) gut überstand, ging es nach dem Frühstück zur letzten Einheit auf die Matte. Björn Ole leitete das letzte Training und brachte sein für das Wochenende gewählte Thema vom „Aufnehmen und Weiterführen“ zu einem gelungenen Abschluss. Dadurch wird dieses Wochenende sicherlich noch lange auch in dem regelmäßigen Training zuhause weiter wirken.
Ein paar Dinge zum Schluss:
Gerade das Training mit Aikidoka aus anderen Dojos war sehr hilfreich und bereichernd. Sonst kocht man irgendwann doch nur „im eigenen Saft“. Das gilt sicher nicht nur für die Teilnehmer, sondern auch die Trainer. Weil mehr Zeit war, gab es zudem die Möglichkeit, neue Techniken, oder auch einmal „exotische“ Dinge zu auszuprobieren, wie beispielsweise die von Jörg gezeigten Stocktechniken.
Besonders positiv war die selbstverständliche Integration aller Altersgruppen. Drei Generationen trainierten ohne Probleme miteinander. Speziell die Kinder zeigten hierbei einigen Älteren „wo’s langgeht“. Trotz des intensiven Trainings haben sie mit Begeisterung und Spaß alle Einheiten mitgemacht.
Das Motto des „Aufnehmens und Weiterführens“ war geschickt gewählt und zog sich wie ein roter Faden durch das gesamte Wochenende. Danke an Björn Ole und Robert für die Organisation! Es war mein erstes Mal in Schönhagen, aber hoffentlich nicht das letzte!
Jørgen Lang (Hatten/Oldenburg)