Mit Eckhardt Hemkemeier in Novi Sad und Jagodina
Herbstferien im November – was fängt man damit an? Als ich meinen diesjährigen Urlaubsplan bekam, war ich zunächst nicht unbedingt glücklich darüber in der trübsten Zeit des Jahres frei zu haben. Dann aber erfuhr ich, dass Eckhardt zu eben dieser Zeit einen Lehrgang in Serbien plant.
Da ich schon lange einmal dorthin wollte, um Land und Leute kennenzulernen, beantwortete ich seine Frage, ob ich Lust hätte ihn zu begleiten gleich mit ‚ja‘. Damit war ich dann auch die Einzige – wie gesagt: Wer hat schon im November frei? Also machten wir uns am 04.11.2014 zu zweit auf den Weg zum Flughafen.
Über Wien flogen wir nach Belgrad, wo uns Milan, der Dojoleiter aus Novi Sad abholte. Milan kenne ich seit Jahren von diversen Lehrgängen und ich freute mich sehr, ihn wiederzusehen. Er brachte uns mit dem Auto zu unserem ersten Ziel, denn Dienstag und Mittwoch wollte Ecki in Milans Dojo unterrichten. Das Wetter war großartig: 20 Grad und Sonne! (Es sollte die ganze Woche warm und trocken bleiben.) Wir nahmen die Strecke durch ein Naturschutzgebiet. Überall Wälder und Felder auf denen zumeist noch fleißig gearbeitet wurde. Unterwegs machten wir an einem Straßenstand halt und testeten dort Wein und andere Spirituosen. Fröhlich kehrten wir bald darauf in einem schönen Gasthaus ein, um einen Kaffee zu trinken. Weiter ging es nach Novi Sad wo wir erst einmal Essen gingen. Im Restaurant trafen wir dann unter anderem auch auf Marco, den Dojoleiter aus Jagodina und auf Dragan, bei dem ich die nächsten beiden Nächte unterkam, während Eckhardt bei Milan blieb.
Nach dem sehr ausführlichen Mahl ging es dann auf die Matte – nach den Bergen an Essen, die wir verdrückt hatten keine leichte Aufgabe. Aber in den nächsten Tagen sollte ich mich daran gewöhnen, denn neben dem Training waren Essen und Trinken in dieser Woche unsere Hauptbeschäftigung. So ging es auch gleich nach dem Training gemeinsam in großer Runde in einen Pub.
Am Mittwoch machte Milan mit uns Sightseeing: Im schönsten Sonnenschein ging es zunächst zu einer alten Festungsanlage über der Stadt, mit schönem Blick auf die Donau; dann erkundeten wir die Altstadt – und landeten wieder in einem Kaffee. Später trafen wir uns in Milans Wohnung mit Biljka. Sie hat uns zu einem Abendessen bei ihren Eltern eingeladen. Dort erlebten wir dann wieder, was serbische Gastfreundschaft bedeutet. Wir wurden sehr herzlich aufgenommen und nach einem Slibowitz an den Tisch gebeten, der sich vor lauter leckeren, aufwendigen, typisch serbischen Köstlichkeiten bog. Ich aß bis ich fast platzte – und dann kam der Nachtisch!
Danach ging es natürlich gleich wieder auf die Matte – nur gut, dass die Rückfahrt von unseren Gastgebern zurück nach Novi Sad fast eine Stunde dauerte! Diesmal landeten wir nach dem Training in Milans Wohnung, wo wir in froher Runde Wein tranken und uns unterhielten.
Am nächsten Morgen reisten wir zusammen mit Milan in Richtung unseres zweiten Lehrgangsziels: Jagodina. Zunächst aber stellten wir fest, dass irgendetwas mit Milans Wagen nicht stimmte. Der Motor ging während der Fahrt immer mal aus oder der Wagen hoppelte wie ein Känguru. Miki blieb gelassen und wir stoppten erst einmal in Belgrad, wo Milan und Marco uns ein wenig die Stadt zeigten und wir zunächst in ein Café und später in ein Restaurant einkehrten, wo wir ein sehr schönes Mittagessen genossen. Bei der Weiterfahrt, vorbei an vielen, oft brennenden Feldern, nahmen die Probleme mit dem Wagen zu, aber wir erreichten trotzdem wie vorgesehen Jagodina. Wir wurden von Marco zunächst zu einem Restaurant hoch oben auf einem Hügel über der Stadt geführt, wo wir bei einer tollen Aussicht mal wieder diverse Getränke genossen. Dann ging es zu einem Hotel in dem er ein Apartment für Eckhardt gemietet hatte. Danach brachte er mich zu dem Apartment, welches ich mir in den nächsten Tagen mit 11 Serben teilen würde. Eigentlich waren es sogar drei Apartments nebeneinander. In meinem wohnten neben mir noch drei andere Frauen. Nach wenigen Minuten fuhren wir alle gemeinsam zum Dojo und der Lehrgang ging weiter. Viele Leute aus Novi Sad waren gekommen und natürlich die Mitglieder des Dojos in dem wir nun trainierten. So waren wir bei jedem der folgenden Trainingseinheiten zwischen 20 und 30 Leute in dem doch recht kleinen Dojo. Da alle sehr aufmerksam waren und wir bei Techniken mit größerem Platzbedarf oft in 2 Gruppen trainierten, kamen aber alle zurecht. Eine weitere Schwierigkeit für mich stellte die Temperatur im Dojo dar. Trotz warmer Außentemperaturen lief die Heizung nämlich auf vollen Touren! Nach wenigen Minuten lief der Schweiß.
Nach dem Training ging es Essen (was sonst?) und danach in eine Bar. Es wurde mal wieder spät, denn wir blieben, bis der Laden schloss.
Am Freitag besichtigten wir gemeinsam mit etwa 15 Serben zunächst ein Kloster. Die modernen und noch immer bewohnten Gebäude sind umgeben von den Ruinen der ursprünglichen Klosteranlage aus dem 15. Jahrhundert, die erst in den vergangenen Jahren ausgegraben wurden. Umgeben von Bergen und dem in Herbstfarben leuchtendem Wald war es ein sehr schöner, friedlicher Ort. Danach fuhren wir weiter, immer bergan, bis zu einem Fischzuchtbetrieb. Dort machten wir Rast. Wir spazierten um einen künstlich angelegten See und bestaunten die Forellen in den verschiedenen Becken. Dann kehrten wir ein, diesmal um Forelle zu essen. Am Abend gab es dann die nächste Trainingseinheit, gefolgt von einem erneuten Kneipenbesuch und einem Nachtmahl an einer Imbissbude.
Da Milans Auto bei dem Ausflug alle paar Minuten Probleme gemacht hatte ließ er ihn am nächsten Tag in eine Werkstatt bringen. Da ein Ersatzteil erst bestellt werden musste stand fest, dass er den Wagen in Jagodina würde lassen müssen. Fortan waren wir auf unsere Gastgeber in Jagodina angewiesen, die uns nun kutschierten. Dies führte aber auch dazu, dass wir am Samstagmorgen plötzlich mit elf Leuten um einen Kleinwagen herumstanden – das passte nun wirklich nicht! Aber einige Telefonanrufe später waren genügend Autos vor Ort die uns zur ersten Trainingseinheit des Tages brachten. Nach einem schönen Training verbrachten wir die Zeit in verschiedenen Restaurants und mit einem Bummel durch Jagodina. Nach dem Abendtraining und dem obligatorischen Abendessen ging es zunächst noch einmal in eine Bar und anschließend landete ich dann noch mit Milan, Marco und Darko in Eckhardts Apartment wo wir erneut Wein tranken.
Sonntagmorgen gab es die letzte Trainingseinheit, bevor Marco uns zum Flughafen brachte. Begleitet wurden wir von all den Leuten aus Novi Sad, da der Flughafen auf ihrem Weg lag. Wir wurden herzlich verabschiedet.
Nach zwei unspektakulären Flügen, unterbrochen von einem leider sehr langen Zwischenstopp in Wien landeten wir müde aber glücklich wieder in Hamburg.
Was bleibt? Eigentlich nur das Gefühl der Dankbarkeit. Zum einen natürlich Eckhardt gegenüber für einen sehr interessanten, abwechslungsreichen Lehrgang (den er so gestaltete, dass ich alle Trainingseinheiten auch völlig vollgestopft und manchmal leicht angeheitert gemeistert habe ^^). Zum anderen aber und vor allem gegenüber unseren Gastgebern in Novi Sad und Jagodina!
In einem Land wo jeder 3. arbeitslos ist und wirtschaftlich sichtbar vieles im Argen liegt, habe ich nichts anderes als Fröhlichkeit, Freundlichkeit, Gelassenheit und eine unglaubliche Freigiebigkeit erlebt! Die Gastfreundschaft ging so weit, dass man schwer kämpfen musste, um auch mal eine Rechnung begleichen zu dürfen (und sei es nur die eigene)! Auch wenn ich selten so wenig von Gesprächen um mich herum verstanden habe, habe ich mich doch nie unerwünscht gefühlt – ganz im Gegenteil! Oft allein mit Blicken und einem Lächeln fand ein reger Austausch statt.
Allein die Menschen in Serbien sind die Reise wert! Ich hoffe nur, mich irgendwann einmal revangieren zu können. Ganz sicher bin ich mir aber – ich komme wieder!